Welche Claims und Kernaussagen die deutschen Parteien im diesjährigen Wahlkampf für sich gewählt haben und wie sie diese gegenüber ihren Wählern kommunizieren haben wir für Sie analyisiert und die Slogan-Kreationen sprachlich und inhaltlich auf den Prüfstand gestellt. Auffällig ist hierbei die Tatsache, dass die sechs etablierten Parteien jeweils einen klar definierten Slogan zur eigenen Positionierung nutzen, dies bei dem überwiegenden Teil der 49 weiteren Parteien, die an der Bundestagswahl teilnehmen möchten, jedoch nicht der Fall ist. Diese treten häufig ganz ohne Slogan auf und lassen so die Abgrenzung und Definition ihrer politischen Inhalte in ihrer Kommunikation nicht immer auf den ersten Blick erkennbar werden. In diesem Beitrag haben wir uns auf die etablierten Parteien konzentriert.
Die etablierten Parteien und ihre aktuellen Slogans:

Als "Volkspartei der Mitte" präsentiert sich die Christlich Demokratische Union Deutschlands auf ihrer aktuellen Website. Extrem komprimiert im offiziellen Slogan "Die Mitte" kommuniziert die Partei hierdurch Aspekte wie Ausgewogenheit, Stärke und Sicherheit und weckt gezielt die positive Assoziation der "goldenen Mitte". Entsprechend wurde vor einiger Zeit auch ein helles Orange als neues visuelles Element der CDU Corporate Identity eingeführt, das als Farbe psychologisch ähnliche Werte anspricht. Als Mittler zwischen den Farben Rot und Gelb verleiht der Orange-Ton dem roten Markenlogo Attribute wie Menschlichkeit, Gemeinschaft und Optimismus und bündelt zudem die Nationalfarben unseres Landes. Im Vergleich mit den Slogans der Mitbewerber lässt sich die reduzierte Positionierung "Die Mitte" jedoch auch als eine gewisse Unentschlossenheit interpretieren. Die positiven Assoziationen lassen die Kombination aus Slogan und Farbwahl aber gerade in unserer wirtschaftlich ungewissen Zeit als vertrauensstiftende Basis der aktuellen Parteikommunikation wirken.

Mit "Näher am Menschen" definiert sich die Christlich-Soziale Union in Bayern betont menschlich, offen und praxisorientiert gegenüber ihren Wählern. Laut eigener Darstellung ist die CSU mit ihrer Politik "tief in der Bevölkerung verwurzelt", was über den gewählten, bereits in 1994 kreierten Slogan konkret und bildhaft kommuniziert wird. "Näher" betont hierbei die eigene Spitzenstellung im Vergleich mit anderen Parteien und vermittelt Selbstbewusstsein und Aktivität. Der Leitsatz steht "für die eindeutige Positionierung der CSU als große Volkspartei", so die offizielle Erläuterung. Dieser Anspruch wird durch die spezielle menschennahe Farbkombination der Logo-Elemente zusätzlich verstärkt. Vertrauensvolles Blau, optimistisches Gelb und natürliches Grün wirken gemeinsam mit dem Slogan als klares Profil.

Das aktuelle SPD-Regierungsprogramm trägt den Titel "Sozial und Demokratisch", der zugehörige Partei-Slogan lautet "Anpacken. Für unser Land." Mit dieser diesjährigen Maxime vermittelt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands sowohl ihren Markenkern als Arbeiter-Partei als auch einen animierenden Aufruf zur gemeinsamen Verbesserung der aktuellen wirtschaftlichen Situation. "Anpacken" ist hierbei mehrdeutig interpretierbar, es lässt sich gleichermaßen auf die Partei selbst wie auch auf jeden einzelnen Bürger beziehen. So wirkt "Anpacken. Für unser Land." als übergeordneter positiver Leitsatz unserer Zeit. Die jetzt dreidimensionale Gestaltung von Slogan und Logo lässt diese Aussage noch greifbarer werden.

"Deutschland braucht Sie", "Aufwärts für Deutschland" oder "Deutschland kann es besser" - Die Freie Demokratischen Partei tritt in diesem Jahr mit mehreren Kampagnenslogans auf, die sich jeweils an unterschiedliche Zielgruppen richten. "Die Mitte stärken!" lautet ihr aktueller Slogan vor der Bundestagswahl. "Die Liberalen" setzen hiermit auf Motivation und Aktivierung der Wähler und positionieren sich mit einer klaren Parole. Zitat der FDP-Website zum Deutschlandprogramm der Partei: "Noch näher an den Bedürfnissen der Wähler hat noch nie eine Partei ihr Wahlprogramm ausgerichtet!"

"Mit WUMS! Für ein besseres Europa" war der erste Slogan, mit dem die Bundespartei kürzlich warb und sich so auf emotionale Weise auffällig von den Aussagen der anderen Parteien abgrenzte. "Aus der Krise hilft nur Grün" ist nun der neue Schlachtruf zur Kommunikation des Gesellschaftsvertrags der Grünen zur Bundestagswahl. Als klare Ansage wirkt der Slogan selbstbewusst und prägnant und vermittelt den Eindruck einer Spitzenstellung der Partei gepaart mit positivem Tatendrang. Die Partei-Farbe Grün wird als Symbol der Hoffnung und Rettung aus der aktuellen wirtschaftlichen Lage positioniert.

Mit Kampagnen-Headlines wie "Mindestlohn europaweit", "Millionäre zur Kasse" oder "Gleicher Lohn für Frauen!" sorgt die Partei Die Linke in diesem Jahr für Aufsehen. "Hier und in Europa" lautet hierbei der durchgängig eingesetzte Slogan als Ergänzung. Visuell in Form des zugehörigen Weblinks integriert, setzt man mit "www.hier-und-in-europa.de" gezielt auf Interaktion und die Ansprache der Web-Generation. Als einzige Partei propagiert Die Linke damit den Blick über Deutschlands Grenzen hinaus auf die Entwicklung in Gesamt-Europa. Hierbei vermittelt der gewählte Slogan losgelöst noch keine greifbare inhaltliche Aussage, ergänzt aber als Fortführung wirksam die jeweiligen Kampagnen-Headlines. Grafisch auffällig in allen Motiven ist das konsequent schräg platzierte Partei-Logo, das Unangepasstheit und Aktivität kommuniziert und für die Partei eine Sonderstellung beansprucht.